Energiepreisbremse und Erlösabschöpfung: Zwei Seiten einer Medaille

Stand:
Thematik: Betriebswirtschaft

 

Entlastung der Verbraucher

Seit dem 1. März 2023 finden die Gesetze für die Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen Anwendung, die der Gesetzgeber Mitte Dezember 2022 zur Entlastung von Bürgern und Unternehmen von den stark gestiegenen Energiekosten für die Basisversorgung mit Strom, Erdgas und Fernwärme verabschiedet hatte. Strom- Gas- und Fernwärmekunden, Mieterinnen und Mieter müssen nach dem Willen des Gesetzgebers nichts tun: Energieversorger und Vermieter müssen die Entlastungen in ihren Abrechnungen berücksichtigen.

 

Zeitliche Anwendung

Die Entlastungen gelten rückwirkend für die Monate Januar und Februar 2023 bis zum 31. Dezember 2023, eine Verlängerung bis zum 30. April 2024 ist möglich.

 

Umfang der Preisbremsen

Die Strompreisbremse deckelt die Kosten für Strom in Abhängigkeit vom bisherigen Stromverbrauch wie folgt:

  • Für Verbraucher mit einem Stromverbrauch von bis zu 30 000 kWh pro Jahr, vor allem also private Haushalte und kleinere Unternehmen, wird der Strompreis auf 40 ct/kWh brutto, also incl. aller Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte, begrenzt. Dies gilt für den Basisbedarf von 80 % des prognostizierten Verbrauchs.
  • Für Verbraucher mit einem Stromverbrauch von mehr als 30 000 kWh pro Jahr wird der Strompreis auf 13 ct/kWh netto, also ohne Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte, begrenzt. Dies gilt für den Basisbedarf von 70 % des prognostizierten Verbrauchs.

Die Gaspreis- und Fernwärmebremse deckelt die Kosten für Gas oder Fernwärme in Abhängigkeit vom prognostizierten Gas- und Wärmeverbrauch wie folgt:

  • Für Verbraucher mit einem Verbrauch von bis zu 1,5 Mio. kWh Gas oder Fernwärme pro Jahr, vor allem also private Haushalte und kleinere Unternehmen, wird der Gaspreis auf 12 ct/kWh und der Fernwärmepreis auf 9,5 ct/kWh brutto, also incl. aller Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte, begrenzt. Dies gilt für den Basisbedarf von 80 % des prognostizierten Jahresverbrauchs.
  • Für Verbraucher mit einem Verbrauch von mehr als 1,5 Mio. kWh Gas oder Fernwärme pro Jahr, wird der Gaspreis auf 7 ct/kWh und der Fernwärmepreis auf 7,5 ct/kWh netto, also ohne Steuern, Abgaben, Umlagen und Netzentgelte, begrenzt. Dies gilt für den Basisbedarf von 70 % des prognostizierten Jahresverbrauchs.

Nach einem Bund-Länder-Eckpunktepapier sollen auch private Haushalte und kleinere Unternehmen, die 2022 mehr als das Doppelte für sogenannte alternative und/ oder nicht leitungsgebundene Brennstoffe bezahlt haben, für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 1. Dezember 2022 rückwirkend eine Entlastung bis maximal 2.000 € erhalten. Über das Antrags- und Genehmigungsverfahren und die konkrete Höhe der Entlastungen für private Haushalte, die mit Heizöl, Holzscheiten, Holzhackschnitzel, Pellets, Kohle, Flüssiggas etc. heizen, war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe von Land und Wirtschaft noch nicht entschieden.

Die Preisbremsen sollen die Verbraucher entlasten. Doch manch einer geht leer aus. Wer kurz vor oder am 1. März zu einem günstigeren Anbieter gewechselt ist, hat seinen Anspruch auf den rückwirkenden Rabatt für Januar und Februar verloren. Das bestätigte das Bundeswirtschaftsministerium. So bekommen etwa bei der Gaspreisbremse nur jene Verbraucher die Entlastung, die am 1. März mehr als 12 Cent pro kWh zahlen mussten. Preisbewusste Haushalte hingegen gehen leer aus.

 

Besteuerung der Entlastungen

Ein Gesetz, die Entlastungen durch die Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen bei Privatverbrauchern zu versteuern, gibt es derzeit noch nicht. Anders verhält es sich bei der sog. Dezember-Soforthilfe – im Dezember 2022 wurden die Abschlagszahlung für Gas und Wärme aus der Staatskasse bezahlt. Für diese Dezember-Soforthilfe hat der Gesetzgeber die Besteuerung bei Privatverbrauchern bereits beschlossen. Diese haben den Vorteil der Entlastung nach einer komplizierten Berechnungsformel zu versteuern, wenn sie zur Zahlung des Solidaritätszuschlags verpflichtet sind, das heißt, wenn ihr zu versteuerndes Einkommen rund 67 Tsd. € bei Einzelveranlagung beziehungsweise rund 134 Tsd. € bei Zusammenveranlagung übersteigt. Es ist damit zu rechnen, dass der Gesetzgeber in 2023 auch die Besteuerung der Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen regeln wird.

 

FAQ-Katalog des Ministeriums

Einzelfragen zu den wesentlichen Inhalten der Gesetze hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in gesonderten FAQ beantwortet, die auf der Internetseite www.bmwk.de veröffentlicht sind.

Land und Wirtschaft wird über die praktische Umsetzung und Rechtsentwicklung der mit „heißer Nadel gestickten“ Gesetze über die Strom-, Gas- und Wärmepreisbremsen weiter berichten.

 

 

Abschöpfung bei den Stromerzeugern

Das Strompreisbremsegesetz (StromPBG), mit dem Bürger und Unternehmen von den stark gestiegenen Stromkosten entlastet werden sollen, ist nach kontroversen politischen Diskussionen am 24. Dezember 2022 in Kraft getreten. Zur Finanzierung sollen neben den Steuerzahlern auch maßgeblich die Stromerzeuger beitragen, indem Einnahmen, die über einen Maximalertrag hinausgehen, zu 90 % abgeschöpft werden. Die ursprünglich geplante Besteuerung von Übergewinnen wurde im Gesetzgebungsverfahren zugunsten einer Abschöpfung auf Ebene der Erträge, bei der die tatsächlichen Produktionskosten unberücksichtigt bleiben, aufgegeben. Um den gestiegenen Produktionskosten zumindest ansatzweise und pauschal Rechnung zu tragen, wird für Strom aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen ein Sicherheitszuschlag von 3 ct/kWh und bei Strom aus Biogasanlagen von 9 ct/kWh nicht abgeschöpft.

Die Laufzeit der Erlösabschöpfung beginnt am 1. Dezember 2022 und ist bis zum 30. Juni 2023 befristet. Sie kann durch Rechtsverordnung verlängert werden, allerdings längstens bis zum 30. April 2024.

 

Betroffene Anlagen

Grundsätzlich fallen alle Anlagen zur Erzeugung von Strom unter die Erlösabschöpfung – insbesondere auch Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien. Ausgenommen sind Biomethan-Anlagen, um den Umstieg von Erdgas auf Biogas weiter anzuregen.

 

Erlösabschöpfung nur bei Netzeinspeisung

Nicht erfasst sind Strommengen, die ohne Inanspruchnahme eines Netzes erzeugt und verbraucht werden, wie zum Beispiel Kraftwerkseigenverbräuche oder Stromlieferungen über Direktleitungen. Ob auch Stromlieferungen über geschlossene Verteilernetze von der Abschöpfung ausgenommen sind, war bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe von Land und Wirtschaft noch unklar.

 

Regelungen für Biogasanlagen

Biogasanlagen sind von der Erlösabschöpfung ausgenommen, wenn ihre Bemessungsleistung, und nicht wie zunächst geplant die installierte Leistung, unter 1 MW liegt. Bei flexibilisierten Biogasanlagen könnte daher eine „Drosselung“ von Vorteil sein, um die 1 MW-Grenze nicht zu überschreiten. Zudem wurde der Sicherheitszuschlag (siehe oben) für Biogasanlagen nach längerer Debatte auf 9 ct/kWh festgesetzt.

Bei Biogasanlagen werden Anlagen in Gestalt sogenannter Satelliten-BHKW entgegen den ursprünglichen Gesetzesplanungen nicht zusammengerechnet, das heißt, die Mindestgröße von 1 MW ist für jede einzelne Satteliten- Biogasanlage getrennt zu prüfen.

 

Regelungen für Photovoltaik- und Windkraftanlagen

Sämtliche sonstigen Erneuerbare Energien- Anlagen mit einer installierten Leistung bis zu 1 MW sind von der Erlösabschöpfung ausgenommen. Da jedoch Photovoltaik-Freiflächenanlagen und neuere Windkraftanlagen in der Regel auf mehr als 1 MW ausgelegt sind, werden hiervon hauptsächlich die Betreiber kleinerer Stromerzeugungsanlagen profitieren.

Zu beachten ist, dass bei Windenergie- und Photovoltaik-Freiflächenanlagen eine Zusammenfassung mehrerer Anlagen stattfindet, wenn sich diese zum Beispiel auf demselben Grundstück, Gebäude, Betriebsgelände oder in sonstiger Art und Weise in unmittelbarer räumlicher Nähe befinden.

 

Ermittlung der Erlösabschöpfung

Betreiber von betroffenen Anlagen müssen selbstständig die Überschusserlöse und jeweiligen Abschöpfungsbeträge ab Dezember 2022 für jeden Kalendermonat gesondert ermitteln. Im Hinblick auf die relativ komplizierten und für die verschiedenen Stromerzeugungsanlagen unterschiedlichen Berechnungen wird an dieser Stelle auf detaillierte Erläuterungen verzichtet.

 

Meldung der Erlösabschöpfung

Die monatlich ermittelten Beträge sind dem zuständigen Übertragungsnetzbetreiber wie Tennet, 50 Hertz etc. zusammen mit der sogenannten SEE-Nummer der Anlage nach dem Marktstammdatenregister sowie der Netzeinspeisung in 15-Minuten-Auflösung nebst deren Redispatch-Maßnahmen innerhalb von vier Monaten nach Ende des Abrechnungszeitraums zu melden.

Für das Melde- und Zahlungsverfahren ist ein Portal in Planung, über das sämtliche Informationen an den Übertragungsnetzbetreiber bereitgestellt werden können.

 

Zahlung an den Netzbetreiber

Daneben muss der Anlagenbetreiber dem zuständigen Verteilernetzbetreiber, wie Stadtwerke etc., die jeweiligen Überschusserlöse und Abschöpfungsbeträge melden und den selbst ermittelten Abschöpfungsbetrag zahlen.

Die Meldung und Zahlung müssen bis zum 15. Kalendertag des fünften Monats erfolgen, der auf den jeweiligen Abrechnungszeitraum folgt. Der erste Abrechnungszeitraum beginnt am 1. Dezember 2022 und endet am 31. März 2023. Die weiteren Abrechnungszeiträume sind quartalsbezogen. Bei Nichteinhaltung von Fristen oder nicht korrekter Ermittlung beziehungsweise Abrechnung drohen empfindliche Bußgelder.

 

FAQ-Katalog des Ministeriums

Einzelfragen zu den wesentlichen Inhalten des Gesetzes hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) in einem FAQ-Katalog auf der Internetseite www.bmwk.de beantwortet.

 

Bildnachweis: ©Ingo Bartussek / stock.adobe.com

 

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